Pallium ist ursprünglich die Bezeichnung für den Mantel eines Ordenträgers.
So soll ein Kind mit einer lebenslimitierenden, lebensbedrohlichen oder chronischen Erkrankung zusammen mit seiner Familie unter dem schützenden Mantel eine ganzheitliche Betreuung erfahren. Ziel ist die Erreichung einer bestmöglichen Lebensqualität für betroffene Kinder und Jugendliche sowie deren Angehörigen. Themen wie Sterben, Tod und Trauer sind dabei nicht zwangsweise im Fokus, werden aber als natürlicher Prozess angesehen und wenn absehbar, auch angesprochen.
Wichtige Hinweise
Hinweis 1: Palliative Care ist mehr als nur die Versorgung am Lebensende
In der Palliative Care werden neben körperlichen Symptomen in besonderem Masse auch seelische, entwicklungspsychologische, soziokulturelle und spirituelle Aspekte berücksichtigt. Palliative Care ist damit ganzheitlich ausgerichtet und umfasst insbesondere Krankheitsphasen, in denen Therapien nicht mehr das Ziel einer Heilung haben, der Therapieerfolg unklar, ein Therapieversagen möglich oder ein vorzeitiger Tod wahrscheinlich ist. Palliative Care hat aber insgesamt keine Lebensverkürzung zur Folge, sondern soll die Lebensqualität verbessern. Therapien werden nicht abgebrochen, sondern eventuell in eine andere Richtung geführt. Damit kann Palliative Care euch Eltern auch dann schon Unterstützung und ein Netzwerk bieten, wenn unklar ist, inwiefern die seltene Erkrankung eures Kindes lebensverkürzend ist. Möglicherweise kann ein Informationsgespräch (bspw. im Spital) nach Diagnosestellung schon ausreichen, um über das Angebot der Palliative Care und seine Unterstützungsangebote zu informieren. Manchmal ist die Inanspruchnahme dieser Unterstützung auch ab Diagnosestellung ein Weg, den ihr als betroffene Eltern gehen möchtet. Auch wenn bereits bei Diagnosestellung klar ist, dass Heilung der Krankheit nicht möglich ist, braucht es nicht zwingend eine palliative Betreuung. Wenn der Krankheitsverlauf aber zu einer zunehmenden Instabilität des Gesundheitszustandes, hohen Anforderungen an die Pflege und Betreuung des Kindes und/oder Überforderung des Umfeldes führt, kann es sinnvoll und entlastend sein, Kontakt zu Fachpersonen im Palliative Care Netzwerk aufzunehmen.
Eine
frühzeitige Einbindung eines spezialisierten Teams durch die behandelnden Ärzt*innen ist sicher von Vorteil, da gute
Informationen auch zu Sicherheit und Stabilität der betroffenen Familien führen
können.
Hinweis 2: Kontinuität und gute Koordination sind wichtig in der Palliative Care
Schwerkranke Kinder und ihre Eltern werden generell früh von Fachpersonen und spezialisierten Teams betreut. Grundsätzlich berichten Eltern über gute Erfahrungen und zeigen sich zufrieden mit der Betreuung ihres Kindes. Eine Herausforderung stellen Kontinuität und Koordination der Betreuung dar. Für euch als betroffene Eltern kann es daher wichtig sein, darauf zu achten, dass eine für euch zuständige Fachperson für eine längerfristige Versorgung (z.B. Übergang von Spital nach Hause) bestimmt wird, die für euch zuständig ist. Dies schafft Vertrauen und die zuständige Fachperson kennt euch und euer Kind bereits. Weiter ist wichtig, dass euch diese Ansprechperson z.B. insbesondere in Notfallsituationen zur Verfügung steht und erreichbar ist.
Hinweis 3: Selbstbestimmt entscheiden und vorausplanen
Im Verlauf der palliativen Betreuung kann es wichtig werden, dass Eltern auf die Themen Verhalten bei Notfällen sowie Abschied und Trauer umfassend und verständlich informiert werden. Dies kann ein schmerzhafter Prozess sein. Aber nur, wenn ihr als Eltern gut und umfassend informiert seid, könnt ihr mitreden, bewusst mitentscheiden und vorausdenken.
Zudem ist es wichtig, dass Eltern und Fachpersonen der Palliativpflege immer wieder die gemeinsam vereinbarte Vorgehensweisen durchsprechen. Denn über die Zeit können sich Vorstellungen verändern, ohne dass diese von den Betroffenen bewusst nach aussen weitergegeben werden.
Hier kann es hilfreich sein, wenn ihr eure Fachpersonen nach Möglichkeit auf potenziell kommende Krisen und Notfälle ansprecht und mit diesen einen Krisen- und Notfallplan erstellt. Um Gespräche mit Fachpersonen vorzubereiten kann es sinnvoll sein, dass ihr wichtige Informationen zu eurem Kind, Fragen oder Ängste, die euch beschäftigen, aufschreibt. Solche Notizen könnt ihr dann zur Hand nehmen und ihr vergesst nichts.
Hinweis 4: Entlastung annehmen ist keine Schwäche und bewahrt davor, zu überlasten
Hinweis 5: Gemeinsame Erinnerungen schaffen
Hinweis 6: Besondere Aufmerksamkeit gilt auch den Geschwisterkindern
Kinder und Jugendliche brauchen vor allem altersentsprechende Informationen und eine offene Kommunikation, um die lebenslimitierende Erkrankung und evtl. auch den Tod des Geschwisterkindes begreifen zu können. Im Vorschulalter zum Beispiel geht es darum, das Geschwisterkind da abzuholen, wo es steht, mit seinen Fragen und Gefühlen. Was Kinder in diesem Alter vor allem mitkriegen, sind die Emotionen ihrer Umgebung. Sie werden geprägt durch die Erfahrungen, die sie genau dann machen. Oft beziehen sie das, was geschehen ist auf sich und sehen Zusammenhänge, die rational nicht nachvollziehbar sind. Es ist wichtig dem, was sie erleben und empfinden, eine Sprache zu geben und ihnen zu erklären, dass Mami und Papi traurig sind, aber nicht weil sie etwas falsch gemacht haben. Zudem hilft auch Normalität. Betroffene Schwestern und Brüder dürfen Spass haben und Freude empfinden, ohne, dass sie sich für ihre Gefühle schämen müssen. Im Trauerprozess kann neben es zudem helfen, wenn sie sich kreativ ausleben dürfen, etwa den Sarg bemalen oder ein Abschiedsgeschenk basteln dürfen (viele weitere passende Hinweise findet ihr hier: Projuventute).
Hinweis 7: Familien müssen den Weg der Trauer nicht alleine gehen
Es gibt es spezialisierte Teams und Fachpersonen, die Begleitung bieten, Antworten liefern und bei Bedarf Hilfe anbieten. Für diejenigen unter euch, die eine Trauerbegleitung wahrnehmen möchten, kann dies eine gute Möglichkeit sein, zusätzliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, sich zu entlasten und den Verlust zu verarbeiten.
Dazu gehört auch, Emotionen zuzulassen und über Schmerz und Gefühle zu sprechen. Manchen Trauernden kann es helfen, die Gefühle niederzuschreiben und so den Prozess der Trauerarbeit zu unterstützen. Trauer ist ein individueller Prozess und entsprechend hat jeder unterschiedliche Kraftquellen, die ihm helfen. Den betroffenen Familien hilft manchmal auch, wenn sie dem verstorbenen Kind einen Platz im neuen Leben geben. Sei dies in Form von Ritualen oder kleinen Gedenkstätten.
Wichtige Fragen
Welche Anlaufstellen gibt es, die in der Schweiz auf das Thema Pädiatrische Palliative Care spezialisiert sind?
Die unten aufgeführten Anlaufstellen sind in der Schweiz auf das Thema Pädiatrische Palliative Care spezialisiert. Wichtige Informationen zu diesem Thema findet ihr darüber hinaus u.a. im Handbuch: Sorgsame Entscheidungen: Handbuch für Eltern, die vor Entscheidungen für das Lebensende ihres Kindes stehen
Kinderhospize
Die Stiftung ≪allani Kinderhospiz Bern≫ eröffnete im August 2024 das erste Kinderhospiz der Schweiz. Kinder mit einer (potenziell) lebensverkürzenden Erkrankung können dort Zeit mit ihrer Familien verbringen und werden auch beim Sterben und Abschiednehmen begleitet.
Weitere Kinderhospize in der Schweiz sind in Planung.
Kinderspitäler
Die Kinderspitäler in der Schweiz bilden meist den ersten Berührungspunkt betroffener Familien mit der Thematik Pädiatrische Palliative Care und sind darauf spezialisiert, Familien aufzuklären und bei Bedarf zu begleiten. Das pädiatrische Palliative Care Team des Kispi Zürich z.B. setzt sich aus verschiedenen Professionen zusammen und bietet zusätzliche Unterstützung für alle Altersstufen, inklusive Beratung bereits während der Schwangerschaft.
Kinderspitex
Leiden Kinder schwer an einer unheilbaren oder lebenslimitierenden Krankheit, gewährleistet die Kinderspitex eine bestmögliche professionelle Pflege zuhause. In festen Bezugspflegeteams werden Familien begleitet - manchmal auch über viele Jahre hinweg. Dabei gehören die aktuell bestmögliche Versorgung sowie die vorausschauende Planung (Advanced Care Planning) mit dazu.
Interessante Links
pro pallium – Schweizer Palliativstiftung für Kinder und junge Erwachsene
pro pallium setzt sich für die Entlastung, Begleitung und Vernetzung von Familien mit schwerstkranken Kindern ein.
Das wichtigste Standbein ist die Familienbetreuung mit Freiwilligen. Zudem berät sie betroffene Eltern, unterstützt sie bei der Vernetzung und begleitet sie auch nach dem Tod ihres Kindes während der Trauerphase.
Interessante Links
pro pallium: Schweizer Palliativstiftung für Kinder und junge Erwachsene
Weitere Adressen zur palliativen Begleitung
Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber vielleicht ist ja die ein oder andere passende Adresse für euch mit dabei und sonst recherchiert doch mal, welche Angebote zur palliativen Begleitung es in eurer Umgebung gibt.
Die Adressen sind nicht explizit auf Kinder ausgerichtet, sondern für Betroffene und ihre Angehörigen allgemein.
Weitere hilfreiche Verlinkungen
Welche Vereine bieten Wunscherfüllung für schwer kranke Kinder und ihre Familien an?
Das Ziel der folgenden Vereine ist es, Kindern mit seltenen Erkrankungen Wünsche zu erfüllen und Träume wahr werden zu lassen. So wird Kindern, deren Alltag häufig geprägt ist von vielen Spitalaufenthalten, Operationen, Verzicht und Einschränkungen, ein Moment der Freude ermöglicht, den sie und ihre Familien hoffentlich nicht vergessen werden.
Welche Anlaufstellen gibt es, die Trauerbegleitung anbieten?
Der Tod eines Kindes widerspricht dem normalen Lebenszyklus und überfordert unsere Vorstellungskraft. Es bricht eine Welt zusammen und Eltern sind gefordert, einen Weg zu gehen, der durch viel Traurigkeit geprägt ist. Und Trauer darf bei Verlust des geliebten Kindes einen Platz im Leben der Familien finden. Stirbt ein Kind, gehen Angehörige sehr unterschiedlich mit ihrer Trauer um. Eine Wegleitung, ein Richtig oder Falsch gibt es in der Situation nicht. Jeder trauert anders und die Bedürfnisse und Ansprüche sind unterschiedlich. Nicht jeder möchte eine professionelle Begleitung wahrnehmen. Das gilt es zu respektieren. Für diejenigen, die gern eine Trauerbegleitung wahrnehmen würden, werden im Folgenden passende Anlaufstellen genannt. Ausserdem kann es ratsam sein, sich über Angebote im eigenen Wohnkanton zu informieren.
Berufsgruppen und Fachpersonen, welche Anlaufstelle sind oder Kontakte vermitteln können:
- Teams der Gynäkologie, Pädiatrie, Kinderabteilung, Intensivstation im Spital
- Zuständige Kinderärzt*innen
- Bestatter*innen (führen persönliche Beratungsgespräche und unterstützen bei der Organisation der Bestattung und Trauerfeier)
- (Spital-)Seelsorger*innen (übernehmen eine geistliche Begleitung und Unterstützung)
- Sozialberater*innen (unterstützen bei Fragen in Zusammenhang mit Kosten, Versicherungen usw.)
Familienblues.ch
Interessante Links
Familientrauerbegleitung.ch
Familientrauerbegleitung.ch ist ein Netzwerk von ausgebildeten Fachpersonen, welches berät, begleitet und stärkt. Mit einem solchen Netzwerk kann der Umgang mit einem Verlust gestärkt werden sowie Kraft aus jedem Schritt des Abschieds und Neubeginns wachsen.
Interessante Links
kindsverlust.ch
kindsverlust.ch ist ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Unterstützung beim Tod eines Kindes während der Schwangerschaft, der Geburt oder der ersten Lebenszeit. Hier werden sowohl Beratung für Eltern und Familien als auch Vernetzungsmöglichkeiten geboten.
Interessante Links
Life With
"life with" ist ein Angebot speziell für Geschwister, die ihren Bruder oder ihre Schwester verloren haben. Hier werden Gruppen-Treffen und digitale Treffs angeboten.
Interessante Links
Nachsorgeklinik Tannheim (Deutschland)
Die Nachsorgeklinik Tannheim bietet ein Rehabilitationsprogramm für Familien an, dir ihr krankes Kind verloren haben. Während die Geschwisterkinder in die Kinder- und Jugendgruppen der parallel stattfindenden Rehabilitationsmassnahme integriert werden, wird für die Eltern eine entsprechende Gesprächsgruppe angeboten.
Interessante Links
Palliative Care
Eine gute palliative Betreuung am Lebensende kann einen wesentlichen Einfluss auf die Verarbeitung des Verlustes des geliebten Kindes haben. Normalerweise begleitet und unterstützt das behandelnde Palliative Care Team betroffene Eltern bzw. Familien, wenn sich ein baldiger Abschied abzeichnet und auch, wenn er stattgefunden hat.
In dieser Zeit kann es hilfreich sein, Fragen zu stellen, über Wünsche zu sprechen und diese schriftlich festzuhalten. Auf diese Weise, werden sie nicht vergessen gehen und der Abschied kann dadurch individuell und persönlich gestaltet werden. Palliative Care Teams können zudem Kontaktdaten zu spezifischen Fachpersonen weitergeben und stehen auch im weiteren Verlauf bzgl. der Begleitung von betroffenen Familien zur Verfügung. Viele der Anlaufstellen, welche Palliativpflege anbieten (siehe oben), sind ebenfalls auch auf das Thema der Trauer spezialisiert und bieten entsprechende Begleitung und Beratung an (so z.B. auch die Sozialdienste der Kinderspitäler).
Verein Himmelskind
Hinter Himmelskind stehen Mütter verstorbener Kinder. Sie bieten mit ihrem Verein Akuthilfe, Trauerbegleitung und Austauschangebote.
Verein Krisen- und Trauerbegleitung Schweiz
Verein Netzwerk-Herzblut
Interessante Links
Verein Netzwerk-Herzblut - TrauerbegleitungVerein Regenbogen Schweiz
Weitere hilfreiche Verlinkungen
Interessante Fach-Beiträge aus den KMSK Wissensbüchern «Seltene Krankheiten»
1. KMSK Wissensbuch «Seltene Krankheiten – Einblicke in das Leben betroffener Familien»
Dr. med. Christa Etter, Kinder- und Jugendmedizin FMH: «In Liebe gehen lassen»
2. KMSK Wissensbuch «Seltene Krankheiten – Der Weg - Genetik , Alltag, Familien- und Lebensplanung»
Prof. Dr. med. Eva Bergsträsser, Pädiatrische Palliative Care, Universitätskinderspital Zürich: «Palliative Care ist viel mehr als die Begleitung am Lebensende»
Cornelia Mackuth-Wicki, pro pallium Schweizer Palliativstiftung für Kinder und junge Erwachsene: «Wir sind überzeigt: Trauer ist etwas Wichtiges und Natürliches»
3. KMSK Wissensbuch «Seltene Krankheiten – Therapien für Kinder und Unterstützung für die Familie»
Marie Jäger, Pädiatrisches Palliative-Care-Team Universitäts-Kinderspital Zürich: «Was braucht diese Familie?»
4. KMSK Wissensbuch «Seltene Krankheiten – Psychosoziale Herausforderungen für Eltern und Geschwister»
Jolanda Scherler, Familien Ferienwochen, Stiftung Kinderhospiz Schweiz: «Familien sind Experten für den Alltag ihrer Kinder – wir entlasten sie mit Ferien in Davos»
5. KMSK Wissensbuch «Seltene Krankheiten – Digitale Wissensplattform für Eltern und Fachpersonen»
Lebensqualität in der letzten Lebensphase
Annyett König, Verein Familientrauerbegleitung: Trauer ist ein individueller Prozess
Carla Fortunato, Kantonsspital Aarau AG: Akzeptanz kann helfen, den Tod zu verarbeiten